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Wie ist das mit der Solarenergie wirklich? – Ein Selbstversuch

Motivation für den Energietechniker

Klar, die Sonne scheint nur tagsüber. Weiß jeder. Jeder? Nein, es gibt da noch die Svenja Schulzes, Claudia Kempferts, den Kollegen Volker Quaschning (der es besser wissen müsste), die diese Tatsache publikumswirksam ignorieren. Zudem gibt es die Zahl von ca. 20% Zeitverfügbarkeit von nutzbarer Sonnenenergie in unseren Breiten. Auf der anderen Seite erzählen mir meine Bekannten, die selber Solarpanels auf ihren Hausdächern installiert haben von hohem Erntefaktor. Was ist denn nun richtig? Ich will es wissen. Die unverfälschte Wahrheit.

Mein Testobjekt

Da es um einen rein akademischen Erkenntnisgewinn geht, habe ich mir also 3 Komponenten beschafft:

  1. Solarpanel 50*70 cm, nominell 50 Watt
  2. Laderegler, Wechselrichter und Pufferakku mit 60 AH und 200 W Ausgangsbelastbarkeit
  3. Messgerät für Spannung, Stromstärke und Leistung

Inbetriebgenommen im November 2019

Die ersten Wochen – ein Desaster!

Das Solarpanel habe ich an einer ungünstigen Ost-Süd-Wand meiner Wohnung befestigt. Bis gut 12 Uhr gibt es dort schattenfreie Vollabdeckung, danach weniger.

Seit November war diese Position nicht in der Lage, den Pufferakku voll zu laden, obwohl es an einigen wenigen Tagen genügend Sonne gab.

Die ersten Lichtblicke – Anfang März 2020

Ab der ersten Märzwoche wurde der Akku so langsam voll. Es reichte immerhin aus, um mein Mobiltelefon, einige Kameraakkus, das iPad zu laden. Aber dann wieder 2 Tage zum Aufladen des Pufferakkus.

Ab der ersten Märzwoche wurde der Akku so langsam voll. Es reichte immerhin aus, um mein Mobiltelefon, einige Kameraakkus, das iPad zu laden. Aber dann wieder 2 Tage zum Aufladen des Pufferakkus.

Die neue Strategie – jetzt klappt es.

Ich nenne es die "dynamische Ausrichtung": Vormittags auf dem vorderen Balkon, nachmittags auf dem hinteren. Dazu im Abstand von 2 Stunden durch verschiedene Unterlagen Ausrichtung genau senkrecht zur Sonneneinstrahlung.

Ich messe bei optimal klarem Himmel 30 Watt (was nahe dem erreichbaren Maximum liegt), bei nicht perfekter Ausrichtung bis hinunter zu 15 Watt. Der Pufferakku ist seit dem 25.3. zu klein, halbtägiges Bestrahlen reicht, um ihn zu füllen. 

Das wiederum reicht, um sämtliche iPads, Telefone und Mignonzellen zu laden, dazu noch für einen ganzen langen Abend LED-Beleuchtung im Wohnzimmer mit einem 30W-LED-Strahler – der den Wohnraum nicht üppig, aber passabel ausleuchtet.

 

Doch dann der 30.3.2020: Geschlossene Wolkendecke.

An ein Aufladen des Pufferakkus ist nicht mehr zu denken, mein Solarpanel liefert den ganzen Tag weniger als 10 mA, kein einziges Watt. 

Grenzen der Sonnenenergie

Es heißt "Sonnenenergie", deswegen funktioniert die Ernte nur unter verschiedenen Bedingungen optimal:

  1. Die Sonne muss direkt scheinen. Bewölkter Himmel oder selbst Teil-Abschattungen lassen den Sonnenstrom stark einbrechen. Stärker, als man denken würde. 
  2. Die Sonnenstrahlen müssen senkrecht auf das Panel fallen, selbst kleine Winkel werden mit deutlichem Abfall bestraft. 
  3. Im Schatten geht gar nichts, selbst bei strahlendem Himmel.
  4. Bei bewölktem, aber hellem Himmel, geht ebenfalls gar nichts. Vielleicht 1 Watt, wenn es hoch kommt.
  5. Hinter Glasscheiben aufgestellt bleiben nur 20-30% der Leistung übrig.

Was nervt?

Es nervt, dass man sich dauernd um das bisschen Strom kümmern muss, wenn man versucht, soviel Autarkie zu realisieren, wie mit gut 400 EUR möglich. Das Solarpanel will von einem Balkon zum anderen bewegt werden, der Laderegler möchte abends zum Aufladen der Verbraucher hineingeholt werden und morgens wieder auf den Balkon.

Wenn die Sonne verlässlich scheint – wie jetzt seit 5 Tagen Ende März 2020 – kann man das System gut auslasten. Wenn der Himmel bewölkt oder teilbewölkt ist (1.4.), endet das Spiel. Und zwar komplett.

Wie geht es weiter?

Im Moment ist der Betrieb der Sonnenenergie lästig, wenn man die kostenlose (?) Energie selber nutzen möchte. Klar, der vom EEG gepamperte Häuslebauer erkennt den Konflikt nicht, er verschiebt die Autarkie auf die großen Stromversorger, wird aus dem Gemeinwesen gut bezahlt – ob sein Sonnendach liefert oder nicht, betrifft ihn nicht persönlich. 

Würde ich mein Experiment ausdehnen, so müsste es Änderungen geben:

  1. Recherche nach einem automatisch arbeitenden Drehantrieb, der das Solarpanel zur Sonne ausrichtet.
  2. Verdreifachen der Panelfläche, um den Erntewert zu erhöhen.
  3. Neuen Laderegler beschaffen mit deutlich höherer Speicherkapazität, um mehrere Tage mit Bewölkung überbrücken zu können.
  4. Festverankern des windempfindlichen Solarpanels mit Durchführung nach drinnen, wo dann der Laderegler mit seinen Verbrauchern fest installiert würde.
  5. Als Alternative ein Solarpanel, das direkt in eine 230V-Steckdose gesteckt wird und die Grundversorgung in der ganzen Wohnung ohne weitere Installation unterstützt (Balkonkraftwerk).

Aber ... lohnt sich das? Ja, ganz sicher, wenn es nach Abschalten der gesicherten Stromerzeuger hin und wieder bei Dunkelflaute zu Stromabschaltungen kommen wird. Aber Voraussetzung ist, dass für einige Stunden am Tag die Sonne bewölkungsfrei scheint.

Gerüstet für die Dunkelflaute?

Nein, keinesfalls. Fazit meiner Experimente: Solarenergie zur Stromerzeugung kann nicht funktionieren. In den Wintermonaten reicht einfach die Sonne nicht, trotz Pufferakku. Gleiches galt auch für die Tage mit geschlossener Bewölkung – Null Ampere.

Das bedeutet auch: Wenn man sich ein Hausdach mit subventionierten Solarpanels zupflastert, mag das finanziell durch die sozialisierten EEG-Rückzahlungen für den Hausbesitzer attraktiv sein, aber der Strom bei Dunkelflaute muss definitiv durch gesicherte Stromerzeugung flächendeckend beschafft werden. Würde man mit seinem Solardach den Strom für den Eigenbedarf nutzen wollen, so wird man schnell verstehen, dass Sonnenenergie dafür nicht geeignet ist. 

Autark kann nicht funktionieren. Es sei denn, man findet eine finanzierbare Möglichkeit, die Energie über Wochen und Monate im Haus zu speichern. Akkus zählen aber nicht zu den realistischen Möglichkeiten.

Alles Augenwischerei? Ja, sagt der Techniker, der Politiker und so mancher Hausbesitzer ignoriert die Fakten.

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